Trauma: Ist Heilung möglich?
Letztlich ist jede Heilung eine Befreiung von Angst. Um das zu bewerkstelligen, könnt Ihr eurerseits nicht ängstlich sein. Ihr versteht Heilung aufgrund Eurer eigenen Angst nicht.
(Ein Kurs in Wundern)
Inhalt:
Heilung aus psychologischer Sicht
Ein Entwicklungstrauma hat immer Auswirkungen auf die Persönlichkeit eines Menschen. Wir entwickeln Strategien, um mit der Verletzung umzugehen, die sich in der Persönlichkeit manifestieren. So hat jeder Mensch mit einem Entwicklungstrauma auch eine “Störung” der Persönlichkeit.
Hierzu HANS JOACHIN MAAZ: “Es ist eine der bittersten Erkenntnisse meiner psychotherapeutischen Arbeit, dass sich frühe Mangelerfahrungen nicht mehr nachträglich ausgleichen lassen. Aus starkem Hunger heraus kann man sich gierig überfressen; die Erinnerung an den quälenden Mangel bleibt hingegen wie eingebrannt und wirkt selbst dann noch unbewußt weiter, wenn später reichliche Sättigung das frühe Elend üppig überwuchern.”
Andere Therapeuten meinen sehr wohl, das Heilung möglich ist, wie z.B. die Psychologin GABRIELE KAHN, die mit der Methode “Das Innere-Kinder-Retten” arbeitet. Die Frage ist, was verstehe ich unter Heilung?
Wenn ich unter Heilung verstehe, Flashbacks zu überwinden, nicht mehr in dissoziative Zustände abzugleiten, ein glücklicheres Leben führen zu können, trotz schrecklicher Kindheitserlebnisse und befriedigende Partnerschaften leben zu können, so ist dies wohl ein erreichbares Ziel.
Einmal erlebte Erfahrungen, positive wie negative können wir nicht ungeschehen machen. Das gehört zu unserer Geschichte. Das ungeliebte Kind wird das ungeliebte Kind bleiben. Aber: Wir können einen anderen Kontext erfahren. Die Einsicht, das wir nicht nicht geliebt wurden, weil wir es nicht wert waren, geliebt zu werden, sondern unsere Eltern oder andere Bezugspersonen es nicht anders konnten. Weil sie selber die Liebe nicht erfahren haben, die sie gebraucht hätten. Das ist erst einmal ein intellektueller Ansatz der nötig ist, aber allein nicht viel weiter hilft. Trauma ist eine emotionale Erfahrung und kann nicht durch eine intellektuelle Einsicht aufgelöst werden. Wie oft habe ich den Satz gehört: “Ja, meine Eltern hatten es auch nicht leicht….”, aber es hilft den Betroffenen wenig. Es ist die erste Erkenntnis, das es vielleicht nichts damit zu tun hat, das sie als Kind nichts wert waren. Das Gefühl aber bleibt.
Emotionen intellektuell aufarbeiten zu wollen, dazu ist unser Gehirn nicht fähig. Emotionen werden in anderen Gehirnarealen verarbeitet und gespeichert, als unser vernunftbegabtes Denken. Es ist in etwa so als wollte auf unseren PC ein Textverarbeitungsprogramm das Betriebssystem umprogrammieren.
Ansätze
Der Ansatz von Traumaarbeit ist also immer ein emotionaler. (Was nicht heißt, das die grundlegende Arbeit nicht geleistet werden müsste, das wir kognitiv die Einsicht erlangen, “nicht schuldig an unserem Dilemma zu sein”).
Was bedeutet also “emotional”? Unsere Emotionen haben keine Lösungen parat, geben keine Tipps, relativieren nicht, beschönigen nichts. Ein emotionaler Zugang bedeutet einfach nur das zu fühlen was war. Das Abgespaltene was wir als Kind nicht aushalten konnten, neu zu durchleben, zu fühlen, zu bedauern, zu beweinen, wütend zu sein, wessen wir nun hoffentlich fähig sind. Das reicht und mehr braucht es nicht. Obwohl du feststellen wirst, das es wohl manchmal mehr ist, als du ertragen kannst. Aber du hast es schon einmal ertragen, als kleines Kind. Und nun bist du erwachsen!
Noch einmal HANS JOACHIN MAAZ: “Die eigene seelische Verletzung wird so lange im Beziehungskämpfen und kriegerischen Auseinandersetzungen reinszeniert und ausagiert, solange sie nicht erkannt und gefühlt wird. Wer sein eigenes Leid nicht wahrhaben und fühlen will, der wird anderen Leid antun (müssen!)”
Ein spiritueller Ansatz
Alles zuvor gesagte, ist die heutige psychologische Sicht einer Störung unseres geistigen Systems.
Im 19. Jahrhundert dachte man, dass jene, die geisteskrank waren, sich von ihren wahren Seelen entfernt haben. Die Fachkundigen, die sie behandelten, wurden deshalb Seelenärzte genannt.
Leider hat sich, meiner Ansicht nach, die moderne Psychologie von diesem Ansatz abgewendet. Die Existenz einer wie auch immer gearteten Seele wird geleugnet. Im spirituellen Sinn kann die Seele nicht krank werden, aber wir können uns immer weiter von ihr entfernen. Unsere wahre Natur ist Friede, Freude, Kommunikation, Freiheit von Angst Mitgefühl und Kreativität. Diese Eigenschaften könnten wir der Seele zusprechen, da unser Geist, also unser Denken mit dem von ihm geschaffenen Ego genau das Gegenteil möchte: Spaltung, Krieg, Missgunst, Angriff, Abhängigkeit, Konsumdenken und Egozentrik.
Dies zu verstehen und dieser Spaltung entgegenzuwirken, würde wahre Heilung bedeuten.
Jede Geisteskrankheit stellt eine Form externer Suche dar. Geistige Gesundheit ist innerer Frieden.
(ein Kurs in Wundern)
Eine geistige Störung ist die Wahrnehmung eines Mangels.
Das wird deutlich, wenn wir uns unseren Zustand in jeglicher Form einer geistigen Störung bewußt machen:
Depression bedeutet ein Mangel an Kommunikation mit der äußereren Welt, Angst und Enttäuschung läßt den Depressiven sich immer mehr in eine Innenwelt zurückziehen, die wiederum immer mehr Isolation bedeutet.
Narzissmus sowie die selbstunsichere Persönlichkeit haben ihre Ursache in einem Mangel an Liebe, Aufmerksamkeit und Beachtung in unserer frühesten Kindheit.
Angststörungen und manische Störungen können sicher als eine Auswirkung mangelndem Sicherheitsgefühles zugeordent werden u.s.w.
Allenortens also ein Zustand des Mangels, den unser Geist auszugleichen sucht. Leider ist unser Berater, das Ego hier nicht besonders hilfreich: Das zurückzuhalten, an dem es mir mangelt, (wenn ich also z.B. liebevolle Kommunikation einstelle, um nicht mehr dem Risiko ausgesetzt zu sein, verletzt zu werden) verstärkt nur das Problem und die Wahrnehmung, das ich eh nicht bekomme, was ich doch so dringend benötige.
Wahrnehmung ist leider nie real, wirklich, weil sie immer durch unsere individuellen Glaubenssätze geprägt ist. Wie sollte ich eine liebevolle Geste annehmen können, wenn ich der Überzeugung bin, nichts wert zu sein?
Dies ist leicht einzusehen, aber wie kann ich diese Wahrnehmung korrigieren?
Unser Ego ist ständig dabei, zu werten: Dieser Mensch ist mehr wert als ich, jener ist weniger wert und der da schon mal garnichts. Aber mit jeder Art von Wertung, bewerten wir uns selbst. Wie könnten wir einen Menschen abwerten, wenn die Abwertung nicht schon in uns ist, als Vorstellung von uns selbst?
So schaden wir nicht nur unserem Mitmenschen, sondern vor allem auch uns selbst. Im Gegensatz dazu bestärkt ein liebevoller Umgang mit unseren Mitmenschen die positive Eigenwahrnehmung.
Ein Persönlichkeitscoach hat mal in einem Beitrag gesagt: Wenn ich mich depressiv fühle, gehe ich zu meiner Nachbarin und frage, ob ich ihren Rasen mähen darf.
Das ist genau der Punkt.
Spirituell gesehen, sind alle Menschen gleich viel Wert, es gibt niemanden, der weniger Wert ist als ich und keinen der mehr Wert ist. Alle Menschen haben etwas in sich, das dem zustimmt, unser Ego hat aber immer wieder das Bedürfnis, dem nicht zuzustimmen, es lebt von der Spaltung, und Spaltung meint genau dies.
Könnten wir diese Spaltung beenden, würde jedes Leid und jede Krankheit sofort beendet sein.
Verschiedene spirituelle Konzepte benutzen verschiedene Begriffe, sind sich aber in der Bedeutung einig.
Der Dalai Lama sagte: “Ich denke, dass der Sinn des Lebens darin besteht, glücklich zu sein”, wohin gegen die Bibel immer wieder die Liebe als die wichtigste Haltung nennt. Die Verbindung findet sich in ein Kurs in Wundern: “Es gibt keinen Unterschied zwischen Liebe und Freude”.
Auch Konzepte wie die buddhistische Wiedergeburt als ewige Lernaufgabe und das christliche Konzept von Himmel und Hölle sind sich nicht so fern: So steht im christlichen ein Kurs in Wundern: “Die Welt wird nicht durch den Tod verlassen, sondern durch die Wahrheit…”, wobei beide spirituellen Konzepte mit der “Welt” die Ego Wahrnehmung meinen.
Das Ego
Was ist nun eigentlich dieses Ego, von dem hier die Rede ist, dem so viel negatives zugesprochen wird und mit dem wir doch fast alle so gut ausgestattet sind, ohne das wir nach anderer Meinung nicht überlebensfähig sind und das noch gestärkt werden muß? Es lohnt sich, sich mit dem Ego auseinanderzusetzen, denn es ist sicher nicht nur die Ursache eines gestörten Geistes, sondern auch die Ursache für Kriege, und Zerstörung unserer Umwelt.
Eine Rasse, die ohne viel Bedenken Millionen ihrer eigenen Art umbringt, ihre eigenen Lebensgrundlagen zerstört und sich am Leiden anderer Menschen weiden kann, hat sicher eine kollektive geistige Störung, die kaum zu ermessen ist und in ihrem Ausmaß jeder geistigen Störung, wie wir sie bislang beschrieben haben Hohn spottet. Würdest du mir hier zustimmen?
Die beste auf den Punkt gebrachte Erklärung findet sich meines Erachtens in ein Kurs in Wundern:
Das Ego ist ein vom Menschen unternommener Versuch, sich selbst so wahrzunehmen, wie er zu sein wünschte, statt wie er ist”.
Wünsch der Mensch also “böse” zu sein, sich selbst und anderen zu schaden?
Wenn wir diese Aussage zu deuten suchen, stellen sich die Fragen: Wann hat es stattgefunden, warum hat es stattgefunden und wie hat es stattgefunden?
Wann: Die christliche Doktrin wartet hier mit ihrem sympathischen Konzept der Erbsünde auf (Sünde ist letztlich das handelnde Ego mit seinen negativen Ergebnissen und der Sünder der egobehaftete Geist). Tatsächlich scheint es keinen Menschen zu geben, der schon immer frei von einem Ego ist oder war. Ist das Ego also etwas, das uns in die Wiege gelegt wurde, ein genetisches Erbe?
Aus psychologischer Sicht entwickelt sich das Ego in der selbstorientierten Entwicklungsstufe, um das 2-3. Lebensjahr herum. Hier liegt auch der Lebensabschnitt, in dem sich auch schwere Persönlichkeitsstörungen bilden.
Wie: Ich glaube nicht, das der Mensch sich das Ego wünscht, es ist viel mehr ein Abwehrkonzept gegen eine als bedrohlich wahrgenommene Welt. Hier ist zuallererst die Realität eines Säuglings zu verstehen. Ein menschlicher Säugling kann buchstäblich nichts allein, es ist bei allem auf die Hilfe und Umsorgung der nächsten Bezugspersonen angewiesen. Das einzigen was es kann, ist zu schreien, um auf sich aufmerksam zu machen, und selbst diese Regung wurde in unserem Kulturkreis oft frustriert. (Ein Kind muß schreien, das kräftigt die Lungen; wenn man gleich reagiert, verzärtelt das Kind usw.)
So ist es also in absolut allen Belangen, die für das Überleben notwendig sind, auf Hilfe von Außen angewiesen: Essen, trinken, Schutz, Zuwendung… es kann von allein nicht einmal 1 Meter weit krabbeln.
Wir wollen hier nicht von weiteren Erschwernissen reden, wie Vernachlässigung, Missbrauch oder nicht vorhandene Liebe bezüglich der nächsten Bezugspersonen.
Würdest du diese Realität nicht auch als äußerst bedrohlich wahrnehmen?
Warum: Eine Identifikation mit dieser bedrohlich wirkenden Welt (und sie ist es in der Tat), ist verständlicherweise ausgeschlossen. Stattdessen findet die Spaltung statt, ICH gegen eine mich bedrohende Umwelt, die Trennung.
Wir entscheiden uns also stark, unabhängig und schlau zu werden, um eine Waffe gegen die bedrohliche Umwelt zu besitzen. Und das Ego wächst weiter.
Das Ego wächst, wenn das Kind wächst
„Das Ego gibt es nur im Menschen, sonst nirgends, und das Ego wächst, wenn das Kind wächst. Die Eltern, die Schulen, die Universitäten, alle unterstützen das Ego, aus einem einfachen Grund: Jahrhundertelang musste der Mensch um sein Überleben kämpfen, und es hat sich die Idee festgesetzt, eine tiefe unbewusste Konditionierung, dass nur starke Egos den Überlebenskampf gewinnen können.
(Osho, Tao: The Golden Gate, Vol. 1, Talk #7)
Diese Entwicklung ist eine unausweichliche, wir können ihr nicht entrinnen. Auch weil wir wohl ohne unser Ego entwickelt zu haben, nicht überlebensfähig wären. Um schweigen zu können, müssen wir reden lernen!
Aber was wir tun können ist, das Ego wieder zurückzudrängen. Es ist nutzlos geworden, es ist die Krankheit selbst, und nicht nur das: Unser kollektives Ego wird für unsere Welt das Ende bedeuten.
Jeder Mensch hat nun verständlicherweise sein eigenes individuelles Ego, das sich in seiner Ausprägung und Stärke unterscheidet. Ein “gesundes” Ego wird uns weniger belasten als ein “krankes” Ego. (ich habe die Anführungszeichen gesetzt, weil mir keine besseren Beschreibungen eingefallen sind).
Wenn wir also mit einschneidenden traumatischen Belastungen aufgewachsen sind, wird unser Ego schädlicher für uns und/oder unsere Umwelt sein.
Ein praktischer Ansatz
Das ist nun alles Theorie… aber wir brauchen diese Wissen, um zu verstehen, wie wir funktionieren.
Viele Menschen die eine schwere Traumabelastung haben, verbringen ihr Leben damit, psychologische Hile in Anspruch zu nehmen. Meist mit wenig Erfolg. Andere versuchen den spiritulellen Weg, meistens mit wenig Erfolg….
Es hilft, unsere Psyche als ein Computer zu sehen. Der PC selber ist unser Körper, das BIOS (basic input/output system) unsere Seele und das Betriebssystem der Geist auf dem Programme laufen, die unser Leben im Gang halten.
Wer sich etwas mit Computern auskennt, weiß, das es Betriebssysteme gibt, die ohne viel Support und Wartung laufen, und andere, die ständig rumzicken. Andauern muß man Updates machen, die nicht viel verändern und Programme stürzen regelmäßig ab. Wir haben es mit einer fehlerhaften Programmieung zu tun! Genau das ist eine Traumabelastung. Unser PC ist falsch programmiert worden.
Wenn wir uns nun unsere Kindheit ansehen, sind dort Überzeugungen und Glaubenssätze verankert, die gewissermaßen “hard coded” sind. Man könnte es als Charakter bezeichen. Im Compuerjargong bezeichnet man “hard coded” als eine Information, die durch ein Softwareupdate nicht verändert werden kann. Das geschieht durch Informationen, die wir als Kinder erhalten, wenn wir noch sehr jung sind, also < 5 Jahre.
Vom psychologischen Ansatz her gesehen, sollen wir lernen, mit dieser Prägung “umzugehen”, das sie veränderbar ist, ist nicht Konsens.
Spirituell gesehen, gibt es Ansätze, “vor diese” Programmierung zu gehen, aber wie soll das gehen? Wir sind jetzt das, was wir sind.
Trotzdem hält der spirituelle Weg eine Lösung bereit, die Erleuchtung. Sie wird als Tot des Egos beschrieben. In unserer Alegorie mit dem Computer, ist es das löschen des Betriebssytems, ein Reset auf das BIOS (basic input/output system). Mit dem BIOS werden wir geboren, es beschreibt die Fähigkeit zu erkennen und zu reagieren. Nicht, was wir daras machen, wie wir reagieren, uns fühlen, welchen Weg wir gehen oder wie wir denken.
Die Diskussion um das richtige Betriebssystem hat tatsächlich eine Alegorie auf unser Leben: Windows, Linux, Mac… Auf Windows laufen mehr Programme, auf MAC laufen sie besser.
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